Christian
Reisebericht 2003
AKTUELL ! Woche 7-10
 
Weltreise 95
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Christians Tagebuch 
von der Weltreise
1995 mit Timo

Teil 2: 8. Februar bis 12. Mai 1995

 

Das Tagebuch vom 8.2. - 6.3.1995 liegt auch als vorgelesenes Audiodokument vor.
(Um zu den Audiodokumenten zu kommen auf diesen Text klicken)

Inhalt:
Nepal:
Pokara bis Tiger Wildlife Camp (8.2.1995, 17.00 Uhr, Janakpur, Garten, Sonne)
Tiger Wildlife Camp bis Janakpur (9.2.1995, 10.00 Uhr, Garten, Restaurant)
Janakpur bis Katmandu (16. 2. 1995,9.00 Uhr, Bangkok, Hotelzimmer, 30º C)
Katmandu bis Bangkok (18.2.1995, 14.00 Uhr, Strand von Pee Pee Don, ca. 40º C)

Thailand:
Bangkok bis Phi Phi Don (19.2.1995, 17.00 Uhr, Pee Pee Don)
Phi Phi Don (22.2.1995, 21.30 Uhr, Zimmer in Phi Phi)
Phi Phi Don bis Bangkok (1.3.1995, 23.45 Uhr, Zimmer)

Hongkong
Bangkok bis Hongkong (2.3.1995, 12.00 Uhr, Zimmer (Schlafsaal) in Hongkong)

Australien
Hongkong bis Cairns (6.3.1995, 18.30 Uhr, Cairns, Zimmer im Hostel) 
Cairns (18.3.1995, Strand von Noosa, 13.00 Uhr)
Cairns II (19.3.1995, Strand von Noosa)
Cairns bis Maroodrydore (21.3.1995, vor dem Hostel im Maroodrydore)
Maroodrydore (23.3.1995, öffentlicher Park in Maroodrydore)
Maroodrydore über Syndey bis Melbourne (7.4.1995, 14.00 Uhr, Melbourne)

USA:
San Francisco - Gedanken (12.5.1995, 22.30 Uhr, San Francisco)


Zurück zu Teil 1 (10. Januar bis 2.Februar 1995)

8.2.1995, 17.00 Uhr, Janakpur, Garten, Sonne

Nun sind schon wieder einige sehr ereignisreiche Tage vergangen, an welchen ich häufig so fertig war, dass ich mich nicht mehr zum Schreiben in der Lage fühlte. Vor allem ist die Stimmung bei Timo und mir massiv umgeschlagen. War es zuvor so, dass wir uns hin und wieder auch hier in Nepal wohlfühlten, zumindest aber die ganzen neuen Eindrücke aufgenommen haben, ist es nun so, dass wir so schnell wie möglich aus Nepal raus wollen, endlich Ruhe und vor allem Erholung. Die letzten Tage waren nicht nur die absolut stressigsten der Reise, sondern auch noch einmal voller neuer Eindrücke, welche wir so in keiner Weise erwartet haben und welche wir auch kaum bereit waren aufzunehmen.

Vier Wochen waren für Nepal eindeutig genug, so dass wir die jetzige Zeit teilweise nur noch an uns vorbeiziehen lassen. Ich bezweifle nicht, dass wir gerade an die letzte Woche später noch einmal mit vielen Erinnerungen zurückdenken werden, die wir dann garantiert nicht missen wollen, doch im Moment sind wir einfach mit den Nerven am Ende. Im Moment zum Beispiel starren mich gerade wieder fünf Nepalesen fast in den Boden, und ich habe keine Ahnung mehr, wie ich damit umgehen soll, ein verlegenes Lächeln, mehr fällt mir nicht ein, doch dazu später mehr.

Beginnen wir also erst einmal mit der Abreise in Pokara: Nachdem ich alle Aufzeichnungen in einer größeren Aktion kopiert und noch einen Brief an Katja geschrieben hatte, verlief der Abend wie die vorangegangenen im "Bamboo Garden Restaurant".

Unser Kleiner (er war höchstens 1,40 m) "Junge für alles" im Super Lodge erzählte uns zum Abschluss noch einmal eine Geschichte: seine Lebensgeschichte, die wir in nächster Zeit noch häufiger hören sollten und mit welcher wir von Mal zu Mal immer schlechter umgehen konnten. Sein Vater ist verschwunden oder gestorben, als er 10 war, seine Mutter lebt irgendwo in den Bergen in einer Lehmhütte. Er selbst begann mit 10 Jahren, im Gebiet um den Chitwan Nationalpark zu arbeiten, von morgens um 3.00 Uhr den Büffeln Gras holen, bis abends um 20.00 Uhr oder später auf dem Feld und dem Hof. Für 3,50 DM im Monat. Zwei Jahre lang, fast ohne Urlaub und Wochenende. Dann mit 12 Jahren kam er zu einer "Wäscherei" nach Pokara. Dort musste er den ganzen Tag mit der Hand im See Wäsche waschen. 13 DM im Monat, 7 Jahre lang. Nun arbeitet er - für 25 DM im Monat - als "Mädchen für alles" rund um die Uhr in der Super Lodge, fährt alle zwei Monate für 5 DM mit dem Bus, seine Mutter besuchen, um ihr Geld und wichtige Dinge zu bringen. Er selbst hat nicht viel mehr als den einen Satz Klamotten, den er trägt, sein Lachen und seine passablen Englischkenntnisse. Damit geht es ihm in diesem Land noch recht gut, da er jedenfalls ein gutes Dach über dem Kopf und Essen hat.

Am nächsten Morgen ging es dann in das "Tiger Wildlife Camp" zum Royal Chitwan Nationalpark. Für die Fahrt dorthin, von dort wieder weg, einen Elefantenritt und eine Kanutour, 2 Nächte Unterkunft und 3 Tage Essen bezahlten wir inklusive des 25 DM teuren Eintritts in den Park 80 DM. Eine für Nepal wahnsinnige Summe. So hatte Timo sich fast Hoffnung auf ein Luxushotel gemacht, ich mir zumindest jedoch ein paar einfache Hütten mitten im tropischen Regenwald vorgestellt. Es kam "ein wenig" anders: Nach einer - damals hätte ich katastrophalen gesagt, mittlerweile weiß ich es besser - Busfahrt kamen wir in Tandi Basar an. Von dort wurden wir mit dem Jeep ins Camp gebracht, ein paar grasbedeckte Lehmhütten mit einem zentralen Plumpsklo ohne Strom, eine den Namen Küche nicht verdienende Kochstelle mitten in einer norddeutschen Marschlandschaft. Dazu, wie sich schnell herausstellte, dem schlechtesten Essen Nepals (Kommentar eines Engländers: "I think I should have a Mars-bar instead.").

9.2.1995, 10.00 Uhr, Garten, Restaurant

Nachdem ich gestern von Moskitoschwärmen vertrieben wurde, nun weiter: Das ganze Ambiente des Tiger Wildlife Camps wurde noch durch ein paar äußerst unangenehme Gäste abgerundet. Neben zwei hyperaktiven Dänen, einem dümmlichen deutschen Pärchen nur eine äußerst mitteilsame, ältere deutsche Freu, am aufdringlichsten und nervigsten, da sie ununterbrochen von immer den gleichen tollen Erlebnissen berichtete. Dazu gesellte sich noch der ebenfalls sehr redefreudige Organisator des Camps, welcher immer das halbe Dorf mit seiner Stimme erfreute.

Nun hatte ich mir jedenfalls von den Aktivitäten im Park Spaß und Exotik erhofft, doch auch dies war zu Beginn eine totale Pleite. Die Kanutour verbrachten wir zunächst, nachdem wir um 7.00 Uhr aus dem Bett gerissen wurden, mit einer Stunde Warten auf ein Kanu, dank nepalesischer Organisationskünste. Dann ging es eine halbe Stunde auf einem Fluss entlang, welcher weniger reizvoll als die Elbe war. Auf der einen Seite plattes Land, auf der anderen zwei Meter hohes Gras, sonst nichts. Der anschließende "Bushwalk" war nur aufgrund der Spannung, es könnte ja ein gefährliches Nashorn auftauchen, interessant. Ansonsten immerhin viel sehr hohes Gras, ein wenig heimischer Mischwald mit ein paar Palmen, ein Reh und ein wippender Ast, auf welchem ein Affe gesessen haben soll. Nach dieser Erfahrung war mir die Lust auf die am Nachmittag stattfindende Jeepsafari, nochmals 20 DM, schon fast vergangen, jedenfalls mussten wir nicht gehen. Frust auf ganzer Linie. Sie wurde aber wesentlich besser. So fuhren wir vier Stunden durch den nun schon etwas exotischen Wald, wenn auch nicht das, was ich mir unter Dschungel vorgestellt habe, sahen etliche Pfauen, einige Rehe, Schweine, Krokodile und schließlich sogar ein Nashorn aus 20 Meter Entfernung. Mir war allerdings völlig schleierhaft, wie man die immer wieder ausgegebene Parole für den Fall eines Nashornangriffs "so schnell wie möglich einen Baum besteigen" bei in den ersten 3 Metern astlosen Bäumen verwirklichen sollte.

Das interessanteste Objekt der Safari waren aber die Japaner, ca. 15 Mann auf einem Jeep, fotografierten sie alles, Tiere, sich selbst und uns, mit einer Hingabe und Intensität, beeindruckend. So freuten wir uns jedes Mal aufs neue, wenn der Jeep mit den sorgfältig in drei Höhenstufen gestapelten Japanern in Sicht kam.

Am nächsten Morgen - wir wurden diesmal schon um 5.00 Uhr aus dem Bett gerissen - begann der Tag, welcher insgesamt gesehen einer der schlimmsten meines Lebens werden sollte, mit einer Elefantensafari. Diese im Prinzip eindrucksvolle Sache, immerhin sahen wir alles noch einmal von einer erhöhten Position aus, unter anderem ein Nashorn aus 10 m Entfernung, wurde aber durch anhaltenden Nieselregen und Eiseskälte während des 3-Stunden-Trips zur Qual. Wieder im Camp angekommen, waren wir wirklich froh, abreisen zu können.

An dieser Stelle muß auf eine Sache eingegangen werden, die uns schon zur Gewohnheit geworden ist, hier nun aber ihren traurigen Höhepunkt erreichte. Dass ich vergesslich und tollpatschig bin, wird Katja bestens bestätigen können, doch mittlerweile mache ich mir deshalb keine Gedanken mehr, da dies alles noch harmlos ist. Timo hat bis jetzt bei fast jeder Abreise etwas vergessen, den Walkmandoppelstecker, das Feuerzeug, ein paar Malariatabletten, das Vorhängeschloss wieder abzugeben. Bei der Abreise in Pokara hatte er jedoch nicht nur wieder vergessen, das Schloss abzugeben, sondern zudem noch zwei T-Shirts (auch das ganz neue), 3 Paar Socken und eine Unterhose auf der Wäscheleine der Dachterrasse hängen lassen. Beinahe im Bus noch die Trinkflasche, welche ich aber noch fand. Nun hatten wir gehofft, mit Hilfe des "City Guides" des Camps, welcher versprach, uns die Klamotten telefonisch zu organisieren, wieder in ihren Besitz zu kommen. Eigentlich hätten wir die nepalesische Organisationskunst besser kennen müssen, doch hoffen kann man ja. Nachdem wir zwei Busse aus Pokara abwarteten, in welchen nichts war, war besagter "City-Guide" mit 50 Rupien, die er uns noch schuldete, spurlos verschwunden, hatte uns noch einmal 50 Rupien als Zuschlag für den Minibus abgeknöpft (50 Rupien = 1,60 DM), die garantiert auch nicht berechtigt waren, und wir konnten gerade noch verhindern, dass uns ein anderer in einen öffentlichen Bus verfrachtete.

Da saßen wir nun, total gefrustet von den letzten Tagen, mit einem Satz klitschnasser Klamotten im Gepäck, viel zu wenig Schlaf, ohne Timos Klamotten, verschwitzt und verdreckt von drei anstrengenden Tagen im Staub und freuten uns auf die Abfahrt. Was folgte, kam uns während der 7 Stunden langen Fahrt vor, wie ich mir höchstens die Fahrt zur Hölle vorgestellt habe. Zwar bekamen wir nach einiger Zeit einen Sitzplatz, nachdem uns zunächst das Dach angeboten worden war. Nach zwei Stunden legte der Bus jedoch einen längeren Reparaturstopp ein, wobei die vordere Radaufhängung neu verschweißt wurde. Dann ging es 4 Stunden lang über eine Piste, bei der selbst ein neuer Geländejeep Probleme bekommen hätte. In wildesten Schlangenlinien an 50 cm tiefen Schlaglöchern vorbei, wodurch wir nur die 40 cm tiefen erwischten, welche immer noch ausreichten, um uns regelmäßig 20 cm aus dem Sitz herauszukatapultieren. Eine Achterbahnfahrt bei uns ist nichts dagegen, hier verlaufen sowieso alle Vergleichsversuche ins Leere. Am ehesten muß man sich vielleicht noch vorstellen, dass man im ältesten Bus Deutschlands ohne Räder mit 100 km/h den schlechtesten Feldweg entlang rast und dabei Slalom um die Bäume fährt. Am Ende hatte ich Sorgen, außer meiner Fassung auch noch die Besinnung vom dauernden Geschüttel zu verlieren.

Nachdem es dunkel geworden war und das einzige Licht von einer erleuchteten Buddha-Statue aus dem Führerhäuschen drang, musste ich mich mehrmals kneifen, um sicher zu sein, nicht zu träumen oder vielleicht doch schon gestorben zu sein. Was angesichts der zahlreichen umgestürzten oder in Unfälle verwickelten Busse am Straßenrand nicht völlig aus der Luft gegriffen war.

Gipfel des ganzen war jedoch, als dem vor Timo sitzenden Nepali schlecht wurde und seinem Vordermann in hohem Bogen sein Mittagessen in den Nacken kotzte, welches deutlich als Dal Bath erkennbar war.

Abschließend bleibt zu diesem Höllentrip nur noch zu erwähnen, dass wir ca. 2 Stunden direkt neben der besten Straße fuhren, die es in ganz Nepal gibt, leider war diese aber zum Teil noch im Bau und nicht freigegeben, aber schön anzusehen. Irgendwann waren wir dann doch angekommen in Janakpur. Nach einer Rikschafahrt durch die nächtliche Stadt waren wir im laut Reiseführer besten Hotel der Stadt. Schade bloß, dass die Decke nur so von Schimmelpilzen wimmelte und das Zimmer von unzähligen Moskitos bevölkert wurde. Zumal kein Moskitonetz vorhanden war und die Spirale, die wir von der Rezeption bekamen und abbrannten, zwar uns das Atmen erschwerte, die Moskitos aber nicht im geringsten störte. Eine flog in bester Gesundheit direkt darüber hinweg. Als ich dann am nächsten Morgen, nach der Nacht tief im heißen Schlafsack vergraben, um 6.00 Uhr von höllisch lauter indischer Filmmusik, welche ich sowieso nicht ausstehen kann, geweckt wurde, war mein erster Satz: Scheiß Land!

Wir wechselten noch am selben Tag das Hotel und beschäftigen uns mit der Planung für den Thailandteil der Reise, welche uns jedenfalls etwas Hoffnung gab, und beschlossen für den Rückweg nach Katmandu das Flugzeug zu benutzen. Das neue Hotel ist nun wirklich ein neues Hotel, was zur Folge hat, dass man spätestens um 8.00 Uhr morgens von den Bauarbeiten auf dem Dach direkt über unserem Zimmer aus dem Schlaf gerissen wird. Aber von Rücksicht oder Nachtruhe haben die Nepalesen hier im allgemeinen noch nicht allzu viel mitbekommen. Gutes Beispiel dafür sind Alarmübungen um 23.00 Uhr oder der Zug, welcher pünktlich um 6.00 Uhr morgens höllisch laut hupt bzw. pfeift und dies an die 20 mal. Aber auch das Zimmer hat so seine Besonderheiten: so hat es zwar zwei Moskitonetze, der Rest des Raumes wird aber von gigantischen Zahlen an Moskitos bevölkert, so haben wir mittlerweile 200-300 von den Biestern erlegt, aber aus welchen Löchern auch immer, kommen permanent neue. Außerdem kommen wir durch den Fernseher(!) in den Genuss des nepalesischen und eines indischen Kanals, welche teilweise sehr eigentümliche Programme senden. Nicht nur unzählige indische Tanzfilme mit der schon bekannten grausigen Hindimusik, sondern auch Pepsi-Werbung und die Vorstellung eines deutschen Zirkusses aus den 60er Jahren flimmern (im wahrsten Sinne) über den Bildschirm.

Ich glaube allerdings, dass hier seit 3 Tagen kaum einer mehr fernsieht, abgesehen davon, dass es nur sehr wenige Fernseher gibt. Zumindest am Ankunftstag waren wir nämlich die einzigen Touristen in der gesamten Stadt und eine Riesen-Attraktion. Touristen an sich sind hier schon mehr als selten, welche, die so groß sind wie Timo dürfte es hier noch nie gegeben haben, dazu kommt, dass ich aufgrund der Tage vorher keine Lust hatte, mich großartig anzupassen, und somit mit Cap, Walkman und Sonnenbrille durch die Straßen lief, und da waren sie dann, die Außerirdischen. Hätte Timo zuvor quietschgelb durch die Straßen gehen können, könnten wir hier grün und mit Rüssel aus einem Ufo steigen, und keiner würde sich mehr wundern.

Wie soll man minutenlanges Anstarren, Menschenaufläufe von schnell bis zu 20 Leuten, wenn man irgendwo stehen bleibt, oder eine Schlägerei, um noch mit aufs Foto zu kommen, noch steigern können? Die Reaktionen, welche wir bei unserem Erscheinen hervorrufen, schwanken dabei zwischen Neugier, Ungläubigkeit, kurzem Erschrecken bis hin zu denen, die Timo zunächst wie gefesselt anstarren und dann, sobald wir vorbei sind, in lautes Gelächter ausbrechen und sich nur schwer wieder fangen, was Timo verständlicherweise überhaupt nicht mehr leiden kann. Auch mir geht es auf die Nerven, wenn ich hier den ganzen Tag begafft werde (klingt hart, aber so ist es), auf der anderen Seite ist es aber ungeheuer angenehm, nicht angebettelt und angequatscht zu werden und somit das Leben und vor allem auch einmal die Geschäfte und Handwerker genau betrachten zu können. So ist es noch einmal gänzlich anders als in den vorangegangenen Orten. Gestern wurden wir sogar von einem homöopathischen Arzt zu einem Gespräch und zum Tee eingeladen, was sehr interessant wurde.

Ein Erlebnis ganz anderer Art wurde die Zugabfahrt der einzigen nepalesischen Eisenbahn, einer Dampflok auf dem hiesigen Bahnhof. So bot diese einen wirklich abenteuerlichen Anblick, natürlich total überfüllt, selbst auf dem Dach kein Platz mehr, qualmte und pfiff sie vor sich hin. Das Highlight war aber der Club Englischer Eisenbahnfreunde, die extra für dieses Ereignis angereist waren. Mit riesigen Bergen an Fotoausrüstung wurde alles unzählige Male fotografiert, schließlich bauten sie sich zu einer Pyramide auf, scheuchten uns und auch einige Nepalis aus dem Bild und nahmen die Abfahrt ins Visier. Einige liefen dem Zug noch lange hinterher. Dagegen waren die Japaner harmlos.

Vorgestern haben wir mal wieder nach Hause telefoniert. Wenn dies aus Katmandu schon merkwürdig erschien, glich es hier, direkt vom Arsch der Welt mit meinen Eltern verbunden zu sein, wirklich einem Wunder. Den Nepalesen dürfte dies wahrscheinlich wie bei ET vorgekommen sein. Zwei Außerirdische telefonieren nach Hause.

16. 2. 1995,9.00 Uhr, Bangkok, Hotelzimmer, 30º C

Wir sind endlich draußen, wir haben es tatsächlich noch geschafft, wir haben dieses verdammte Land verlassen.

Mir fallen, verdammt noch mal, nur zwei einigermaßen positive Dinge an diesem Land ein, die heißen Quellen in Tatopani und der Blick auf den Himalaja. Ansonsten habe ich gerade noch zwei Personen in Erinnerung, die mir in Nepal sympathisch waren, wovon der eine allerdings in Birma wohnt, und der andere war der Chef des Elegance Restaurants und vielleicht Tibetaner. Die restlichen Nepalesen, die ich kenne, waren entweder einfach unangenehm, unsympathisch oder beschworen bei mir ungekannte Aggressionen herauf.

Schon in Janakpur hatte sich ja schon Frust und Ärger breit gemacht, wie zum Teil schon beschrieben. Ein Höhepunkt muss noch erwähnt werden: Wenn man von 4.00 Uhr bis 5.30 Uhr von wahnsinnig lautem Hundegebell wachgehalten wird, dann um 6.00 Uhr zum ersten Mal vom Hupen des einfahrenden Zuges, um 6.30 Uhr das zweite Mal vom abfahrenden Zug, um 7.30 Uhr von Sirenengeheul, um 8.00 Uhr von lauter, dröhnender Hindifilmmusik (sehr schrille, hohe Töne), um 9.00 Uhr vom Hoteljungen (wer weiß warum) und um 9.30 Uhr schließlich und endgültig von den Bauarbeiten auf dem Dach aus dem Schlaf gerissen wird, stimmt einen dies nicht nur positiv auf den Tag ein, sondern lässt einen stark am Verstand der dortigen Menschen zweifeln.

Es gab in Janakpur aber auch noch eine sehr interessante und sogar ein wenig positive Begegnung: die Bekanntschaft mit einem jungen Nepalesen, darauf werde ich aber später noch einmal eingehen, da es mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Der Flug nach Katmandu war einer der ganz seltenen Lichtblicke und völlig Nepal-untypisch. Natürlich mit eineinhalb Stunden Verspätung, nepalesischer Bürokratie und Langsamkeit flogen wir mit einer recht guten Maschine, bekamen einen sehr guten Snack und sogar noch Watte für die Ohren gegen die etwas gehobene Lautstärke. Für Nepal fast ein Wunder, versöhnte uns dies schon beinah wieder, zumal wir in Katmandu wieder im Tibet Rest House unterkamen, das beste unserer Quartiere in Nepal, und sogar noch eine freie Taxifahrt vom Flughafen erhandelten. Doch die fast schon Heimatgefühle verflogen bald wieder.

18.2.1995, 14.00 Uhr, Strand von Pee Pee Don, ca. 40º C

Nicht nur, dass wir persönlich zum Schalter von Royal Air Nepal mussten, dort wollten sie dann auch noch unsere Tickets abstempeln, so dass wir sie noch aus dem Tresor der deutschen Botschaft holten, wo derjenige, der den Schlüssel zum Tresor besaß, gerade frei hatte. Also ein weiterer Besuch bei der deutschen Botschaft und Royal Air Nepal.

Die Tinte zerläuft hier in der Sonne, genauso wie ich, also später weiter.

18.2.1995, 17.00 Uhr, vor der Hütte auf Pee Pee Don, ca. 30º C

Nächster Versuch: Insgesamt klappte also mal wieder rein gar nichts. Genauso wenig erhielten wir Timos Klamotten, welche diesmal eigentlich ins Tibet Rest House geschickt werden sollten. Wieder nichts. Den Walkmandoppelstecker hatten sie ebenfalls nicht aufbewahrt. Dafür machte ich ein weiteres Mal die unangenehme Bekanntschaft mit der Geschäftemacherei der Nepalesen:

In Nepal ist es üblich, dass sich die Menschen einen farbigen Punkt (Tika) auf die Stirn tupfen als Glücksbringer und Symbol für Buddhas Augen. Nun gibt es dort auch noch unzählige "heilige Männer", welche das ganze Gesicht bemalt haben und ihr Leben dem Gebet widmen. Diese wiederum malen anderen Gläubigen häufiger die Tika auf, da dies dann besonders viel Glück bringen soll. Leider gibt es unter ihnen aber auch sehr viele Bettler oder sogenannte Heilige, die mit ihrem Aussehen oder dem Glauben an sie Geschäfte machen. Einer von diesen rannte mich zunächst fast über den Haufen, streute mir dann in Windeseile zwei Blumen aufs Haar, drückte mir die Tika auf und hielt die Hand auf. Nachdem ich eigentlich sowieso schon über die ganze Aktion sehr verärgert war, da ich das ganze für Touristen für zweifelhaft und als reine Geldschinderei ansehe, fiel mir zunächst die Kinnlade herunter, und dann hätte ich fast die Fassung verloren. Wollte dieser Kerl doch tatsächlich 100 Rupien, also ein Sechstel eines durchschnittlichen nepalesischen Monatsgehalts oder mindestens ein super Abendessen und immerhin 3,50 DM von mir haben. Ich gab ihm 10 Rupien und ärgerte mich tierisch, dass ich ihm nicht stattdessen eine scheuern konnte. Wie gesagt, das Land macht aggressiv. Der dicke rote Punkt auf meiner Stirn wirkte im übrigen wie eine Aufforderung an auch den letzten Straßenhändler, mir irgendetwas anzubieten, so sah ich zu, dass ich im Spießrutenlauf so schnell wie möglich nach Hause kam.

Dann wurde ich, nachdem Timo sich das dritte Mal während der Reise flach gelegt hatte, ebenfalls krank. Was mich aber auch nicht mehr so stark störte, da ich sowieso keine Lust mehr verspürte, mich mit diesem Land oder gar den Menschen noch näher zu beschäftigen. Das übelste an der Krankheit war, dass ich sehr viel Zeit hatte und daher ständig an Katja gedacht habe.

Am Abflugtag war ich eigentlich immer noch krank und hatte schon vorher begonnen, Penicillin zu nehmen, Hauptsache, ich kam dort weg. Dieser Tag sollte uns aber noch einmal alles bieten, was Nepal zu bieten hat. Ich hatte nun seit fast einem Monat immer auf diesen Tag gewartet, da ich jetzt schon mehr als einen Monat keinen Ton mehr von Katja gehört hatte und es immer unerträglicher wurde bzw. immer noch wird, denn ich vermisse sie wahnsinnig. Nun fuhren wir also endlich zum General Postoffice, um die Post abzuholen, und wir fanden NICHTS (außer einem Brief von Timos Oma). In dem Raum lag die Post aber auch einfach in Karteifächern herum, und jeder hätte sie mitnehmen können. Das Hauptproblem dürfte aber wohl in der Natur Nepals oder der Nepalesen liegen, die wirklich nichts auf die Reihe bekommen, überhaupt nicht organisieren können und alles entweder in Bürokratie oder Chaos versinken lassen. Ich war froh, daß ich keine Pistole oder größeres besaß, und konnte plötzlich Amokläufer verstehen. Ich hatte mich wirklich tierisch auf die Post gefreut, sie nach den ganzen Erlebnissen bitter nötig, und nun muss ich mindestens eine Woche warten, bis ich vielleicht etwas von Katja höre, und ihre erste Post dürfte für immer verschollen sein.

Damals hatte ich zudem noch jegliche Hoffnung aufgegeben, dass die Kopien dieses Buches, die ich aus Janakpur losgeschickt habe, bei Katja ankommen. Gestern hat mir Maike verwunderlicher Weise erzählt, dass sie wohl doch angekommen sein sollen.

An diesem Tag jedenfalls störte mich nicht mehr viel, weder dass der Taxifahrer uns mal wieder beschissen hat, noch dass wir bei der Gepäckkontrolle unsere ganzen Rucksäcke öffnen mussten, noch dass wir erst mit 4 Stunden Verspätung von Katmandu abflogen, so dass wir um 13.00 Uhr in Bangkok ankamen und keine Chance mehr hatten, noch einen Bus nach Pee Pee zu bekommen.

19.2.1995, 17.00 Uhr, Pee Pee Don

Wir waren also endlich in Thailand, und rein gar nichts war so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich weiß nicht, ob andere wesentlich besser informiert sind als ich, für mich ist Bangkok bzw. Thailand einer der größten Irrtümer meines Lebens gewesen und hat mein Weltbild etwas durcheinander gebracht.

Auch hier gibt es Armut, so ist es nicht, den meisten scheint jedoch das Geld aus den Ohren zu kommen. So war Bangkok die größte und eindrucksvollste Stadt, die ich bis jetzt gesehen habe, und Timo meinte, dass selbst New York dagegen alt aussieht.

Neben prachtvollen, super instand gehaltenen und beleuchteten Tempeln stehen riesige Wolkenkratzer, monströse Einkaufszentren und verlaufen fünfspurige Straßen. Vom Flughafen (ebenfalls riesig) fuhren wir mit dem Taxi auf dem Expreß-Highway in die Stadt, einer 3-spurigen Autobahn mit einer zweiten auf Stelzen gebauten Autobahn direkt darüber, mit unglaublichen Abzweigungen, Ausfahrten und Überführungen. Vorbei an unzähligen, häusergroßen Werbetafeln und Neonreklamen. So habe ich mir nicht einmal Amerika vorgestellt, und ich bin mir noch nicht sicher, ob es dort überhaupt so aussieht.

In Bangkok mag es an einigen Stellen ja auch anders aussehen, wir waren ja nur einen Tag dort. Allerdings habe ich dort mehr Mercedes und BMWs gesehen als jemals zuvor, und die Straßen waren knallvoll mit den neuesten Autos. Die, die älter als fünf Jahre waren, konnte man an einer Hand abzählen, und kein einziger Kleinwagen. Dazu schien fast jeder Dritte ein Handtelefon dabei zu haben, und die Kleidung war genauso luxuriös wie die Lederpolsterung in den meisten Autos. Die Einkaufspassagen konnten durchaus mit dem glamourösen Duty Free Shop in Dubai mithalten. Und damit stellt sich dann die Frage, welche uns immer wieder beschäftigt: Woher haben die hier all das Geld?

Okay, in Dubai haben sie Öl, aber hier fällt mir absolut nichts ein, was in Thailand produziert wird oder hier gewonnen wird. Japan, Südkorea, Singapur, Taiwan, Hongkong, China, zu jedem fällt mir etwas ein, womit dort Geld verdient wird, aber Thailand?

Tourismus und Sextourismus sind das einzige, was mir zu Thailand einfällt. Aber hier auf einer angeblich schon stark touristisch geprägten Insel ist nicht mehr los als auf Mallorca im Winter, und hier soll im Moment Hauptsaison sein, mit 30-40º C im Schatten und strahlend blauem Himmel.

Ja, nun sitzen wir schon seit 2 1/2 Tagen auf Pee Pee Don, einer kleinen Insel unterhalb von Puket und westlich von Krabi. Zunächst sind wir mit einem guten Mercedesbus (andere gibt es hier gar nicht) von Bangkok über Nacht nach Krabi gefahren, mit Fernsehen, Klimaanlage, Toilette, Getränken und einem kleinen Snack - was für ein Gegensatz zu Nepal! Von dort aus zwei Stunden mit dem Schiff durch die sengende Mittagssonne direkt nach Pee Pee Don. Timo konnte hinterher "Red Nosed Rentier Rudolf" spielen (Sonnenbrand!).

Hier haben wir nun eine kleine Hütte mit palmengedecktem Dach und Bad. Wenn wir nicht gerade am weißen Sandstrand liegen, schwimmen oder uns unter eine der unzähligen Palmen zurückziehen, setzen wir uns auf unsere kleine Terrasse und testen die Früchte, die es hier zu kaufen gibt. Schon sehr genial, wenn man eine sehr junge Kokosnuss aufgeschlagen bekommt und dann die übrigens klare Kokosnussmilch mit dem Strohhalm schlürfen kann. Zu meiner Verwunderung mag ich sogar Ananas, am besten frisch gekühlt, kann man davon immer gleich fertig geschälte Hälften verputzen. Auch nicht schlecht sind die unzähligen Fruchtsäfte und Shakes.

Wäre hier nicht der Müll, den die Inselbewohner einfach mitten auf die Insel kippen, könnte es fast das Paradies sein. Eben nur fast, denn zum Paradies gehört nun mal auch Eva, und die sitzt im Moment bei 5º C in Hamburg in der Schule. Echt Scheiße. Schön ist es zwar trotzdem, aber so macht nicht mal das "Den-Mädels-Hinterherschauen" Spaß.

Habe ich mir bei der Abreise in Nepal geschworen, dieses Land nicht noch einmal zu betreten, so hoffe ich im Moment immer, dass ich noch einmal Gelegenheit dazu bekomme, mit Katja hierher oder auf eine andere thailändische Insel zu fahren. Für den Augenblick ist es aber genau das richtige, um sich von Nepal zu erholen und Bräune zu tanken, bevor das Ozonloch von Australien und Neuseeland zuschlägt.

22.2.1995, 21.30 Uhr, Zimmer in Phi Phi

Die Typen, die zu Fuß von Indien nach Nepal pilgern und dann dort wochenlang irgendeine Stupa anbeten, verstehe ich wirklich nicht, die tun mir nur leid. Da verstehe ich den Deutschen, der seit einem Jahr hier auf Phi Phi Urlaub macht und sich fast nur zum Essen aus seiner zwischen zwei Bäumen aufgespannten Hängematte bewegt, schon viel eher. Heute legte ich mich, nachdem es mir in der Sonne zu heiß geworden war, unter einen Baum am Strand. Da ich aufgrund eines Schwarms Ameisen nicht einschlafen konnte, schaute ich einfach nach oben, insgesamt später drei Stunden lang. Hätte ich anstatt der Ameisen Katja im Arm gehabt und vielleicht noch eine Hängematte und ein Moskitonetz, ich hätte wochenlang dort liegen bleiben können. Ein leichter, warmer Wind, das Rauschen des Meeres, ein paar Sonnenstrahlen, die zwischen den Blättern durchdringen, und ein Baum vor dem blauen Himmel.

Zunächst hatte ich nur den Baum gesehen und mir über alles mögliche Gedanken gemacht, doch dann fielen mir unzählige Schmetterlinge auf, die von Knospe zu Knospe flogen, später fiel mir ein abgefallener Palmwedel auf, der sich zwischen den Ästen verfangen hatte, dann jedes Blatt, das langsam zu Boden fiel, und schließlich konnte ich sogar Ameisen erkennen, die auf den Ästen krabbelten. Ich weiß nicht, warum, aber ich fand es unheimlich interessant und schön, einfach dort zu liegen und mal etwas wirklich wahrzunehmen, was man sonst immer übersieht. Okay, manchmal habe ich auch aufgeschaut und den Strand entlang gesehen, was die Schöpfung noch so zustande gebracht hat, ist ja auch jedes Mal wieder schön (bis auf Ausnahmen), aber auch das übersieht man ja häufig im Alltagstrubel. Ich glaube, man muss viel häufiger einfach mal nichts tun und das Normale genießen.

Gestern bin ich mit der Tauchschule, in welcher Timo seinen ersten Tauchschein macht, auf einem Bootstrip zum Schnorcheln mitgefahren. In diesem Gebiet hier ist das eine unglaubliche Sache, man schwimmt zwischen riesigen Schwärmen der unterschiedlichsten und buntesten Fische hindurch, die man sich vorstellen kann. So nah kommt man an Land nur an sehr wenige Tiere heran. Dazu kommt eine bizarre Felsenwelt, die mit den merkwürdigsten Pflanzen bewachsen und mit leuchtend farbigen Korallen besetzt ist. Bei diesem klaren Wasser kann man zudem bis in 10 m Tiefe alles bestens erkennen und hat somit ein wahnsinniges Panorama vor Augen. Also, das Paradies kann wahrlich nicht sehr weit von hier sein.

Hier, irgendwann einmal zu leben halte ich für gar nicht mal so abwegig, immerhin gibt es Unzählige, die sich hier niedergelassen haben. Also spätestens mit der Rente ! ?

 

28.2.1995 Hongkong, Gemeinschaftsraum Jugendherberge

Endlich! Heute habe ich den ersten Brief der Reise von Katja bekommen. Es war echt schön, endlich ein wenig von ihr zu erfahren, aber die Sehnsucht nach ihr ist natürlich nicht kleiner geworden und einfacher damit fertig zu werden, auch nicht. Somit und noch durch andere Dinge ist das Heimweh heute doch sehr groß.

Jetzt komme ich immer noch nicht dazu, die Ereignisse der letzten Tage aufzuschreiben, da eben gerade ein scheinbar sehr rücksichtsvoller Mitbewohner dieses Zimmers, ohne zu fragen, das Licht ausgeschaltet hat und dies somit nur noch mit Hilfe der Taschenlampe aufs Papier kommt. Also bis morgen.

1.3.1995, 23.45 Uhr, Hongkong Zimmer

Phi Phi haben wir nur sehr ungern verlassen, und ich habe mich mehr als einmal gefragt, warum wir nicht einfach noch ein paar Wochen dort geblieben sind.

Einige Ereignisse zu Phi Phi sind aber noch nachzutragen. Zunächst einmal war es ein Riesenspaß, die unterschiedlichen Leute am Strand zu beobachten. So gab es dort die Sonnenanbeter, welche sich einen Stuhl ins Wasser stellten, die Füße auf eine Luftmatratze legten und sich dann ein Buch lesend, braten ließen oder sich ganz einfach direkt in die Brandung legten, damit sie immer leicht nass in der Sonne brutzelten, und haufenweise ganz besonders interessant bekleidete Leute. Die Männer mit Bierbauch und knappster auf halbacht hängender Badehose, ebenso wie viele äußerst knapp bekleidete Frauen, ein Strich war manchmal fast zuviel, und dass zwei Punkte mit Verbindungslinie ein Bikinioberteil sind, wer hätte das gedacht? Besondere Exemplare waren aber auch die zahlreichen obercoolen Muskelmänner, wovon es einer sogar fertig brachte, seine Gymnastikübungen am Stand vorzuführen mit abschließendem Liegestütz. Schade bloß, dass die Frau, für die er sich so aufgebaut hatte, noch während der Übungen verschwand. Interessant war auch der Grauhaarige mit 50 m langer Mähne oder der ältere, ebenfalls grauhaarige Herr, der mit seiner 25jährigen Frau am Stand seinen Bauch spazieren führte, dabei einen Walkman auf den Ohren, der seine schmale Badehose bedenklich weit in Richtung Kniekehlen zog. Langweilig wurde es wirklich nicht. Das heißt mir nicht, einem Hund, welcher einem Deutschen gehörte, anscheinend schon. Sonst hätte er wohl nicht versucht, meine Badehose zu erwischen, während ich ins Wasser lief. Dummerweise hat er aber nicht nur die Hose erwischt.

Verdammter Köter! Das Bein tut mir jetzt immer noch leicht weh, und die 4 cm lange Wunde juckt beim Heilen tierisch, genauso wie die fünf etwas kleinen Kratzer. Hätten wir uns vorher nicht so gut mit dem Besitzer verstanden, hätte man ihn echt verklagen sollen. Aber zunächst tat es noch nicht mal richtig weh, und dass es blutete, habe ich auch erst später bemerkt.

Was soll's? So bin ich zum ersten Mal von einem Hund gebissen worden und habe es zunächst fast nicht mitbekommen. In Bangkok begannen wir dann eine größere Shoppingtour, die wir bis jetzt nach Hongkong ausgedehnt haben und die heute ihren Höhepunkt erreichte. So kaufte ich insgesamt 4 Kassetten, eine leichte Hängematte (geniales Ding), einen gefälschten Studentenausweis und einen neuen Walkman mit Lautsprecher und Mikrofon. Timo schlug noch gewaltiger zu: 8 Kassetten, T-Shirts, ebenfalls eine Hängematte, nachdem er meine getestet hatte, und heute - quasi als Geburtstagsgeschenk - einen Minidiscplayer mit Billy Joel MD. So haben wir heute erst einmal den ganzen Tag gespielt, da wir durch ein Verbindungskabel nun praktisch eine kleine Anlage mit Doppelkassettendeck, Radio und bespielbarer CD dabei haben. Zusätzlich noch ein Stereomikrofon, kleiner als mein kleiner Finger, zum Anstecken an die Jacke, genial. Bangkok und Hongkong hatten aber auch noch anderes zu bieten.

In Bangkok besichtigten wir einen dermaßen gigantischen und prachtvollen Tempel, daß wir das Gefühl hatten, völlig erschlagen zu werden. Ich schoss 20 Fotos von goldenen Statuen, glitzernden Tempeln und eigentümlichen Parkanlagen, alles viel prachtvoller, größer, sauberer und eindrucksvoller als in Katmandu, aber ich war froh, als wir wieder draußen waren. Ich bin kaum noch aufnahmefähig. Für eine andere Sache reichten meine Kräfte aber noch. Wir waren endlich wieder in einer Disco - und was für einer!

Der Nasa Spacedrome (25 DM Eintritt) war zwar nicht unbedingt größer als das Zeppelin oder die Ziegelei, dafür aber gigantisch ausgestattet. Überall Fernseher, Videowände, wahnsinnige Lichtanlage. Das ganze in wirklich spaciger Atmosphäre und auf mehreren Ebenen. Als Höhepunkt kam um 12.00 Uhr ein 5 x 5 m großes Raumschiff zur Bühne heruntergeschwebt, verstreute Luftballons und Glitzerstreifen leuchteten aus allen Löchern und waren der Auftakt einer sehr langen Show mit Tänzern und unzähligen Stars der thailändischen Musikszene.

Damit hatten wir allerdings auch schon den Minuspunkt der ganzen Sache, es wurden nur sehr wenige internationale Hits gespielt. Die meiste Zeit Thai-Disco-Musik, nicht total schlecht, für uns aber natürlich unbekannt und auf die Dauer auch etwas nervend. Die Thais aber feierten und tanzten überall, auch auf den Gängen und an den Tischen, eine Riesenstimmung. Genial wurde es, als wir einmal die Tanzfläche während einiger internationaler Lieder, man muss fast sagen, enterten. Denn so begeistert bin ich noch nirgends empfangen worden, ob es nun an den Unmengen Alkohol lag, die dort konsumiert wurden, oder einfach daran, dass wir Ausländer waren? Wir wurden jedenfalls regelrecht bestürmt; mir wurde der Whisky regelrecht aufgezwungen, und nachdem ich kurz daran genippt hatte, reichten die Mädels sich das Glas herum, vielleicht eine Art, Brüderschaft zu trinken. Auf jeden Fall waren sie völlig aus dem Häuschen, als wir zu tanzen begannen (kein Witz). War wirklich eine ganz merkwürdige Atmosphäre, tut, aber mal wieder unheimlich gut zu tanzen, und wenn man dann noch so angehimmelt wird - nicht schlecht!

2.3.1995, 12.00 Uhr, Zimmer (Schlafsaal) in Hongkong

Eine wesentlich schlechtere Erfahrung machten wir mit dem thailändischen Essen. In einem Thai-Schnellrestaurant testeten wir es, was wir besser hätten lassen sollen. Lauwarm, zähes Fleisch und undefinierbares, hartes Gemüse. Kann man noch dem Schnellrestaurant ankreiden. Die drei Gerichte allerdings mit allesamt ungenießbaren widerlichen Soßen zu überziehen und in den Orangensaft Unmengen von Salz und eigentümliche bis eklige Gewürze zu kippen, scheint eine allgemeine Unsitte zu sein, da wir an anderer Stelle ähnliche Erfahrungen machten.

Abschließend wurden wir während einer Bootsfahrt (die schnellste Art, sich in Bangkok fortzubewegen aufgrund ständiger Staus) Zeugen eines Schiffsunglücks. Die kleine andere Fähre wurde zunächst ganz langsam, und als ich mich nach einer Minute wieder nach ihr umsah, war sie völlig verschwunden, und man sah nur noch die Köpfe der im Wasser schwimmenden Passagiere. Unser total überfülltes Expressboot ließ sich davon aber nicht beeindrucken, im Gegensatz zu mehreren kleineren Booten, die zur Hilfe eilten.

Da wird einem wirklich ganz anders, zumal wenn man selbst noch mit einem sauschweren Rucksack bepackt ist, welcher garantiert nicht besonders gut schwimmt.

Hier in Hongkong kommt uns nun alles irgendwie chinesisch vor, man kann aus den Schriftzeichen aber auch gar nichts erkennen. Zum Glück können die meisten Englisch, und Wesentliches steht auch überall noch einmal auf Englisch geschrieben. Wie man sich nach China durchschlagen kann, ist mir aber relativ unklar.

Im übrigen gibt es hier, Gott sei dank, kaum Sehenswürdigkeiten, außer der Stadt insgesamt. Ich glaube nicht, dass es irgendwo auf der Welt mehr Hochhäuser auf so engem Raum gibt und dabei noch unheimlich viele, die architektonisch äußerst ausgefallen und im Innern absolut luxuriös ausgestattet sind. Die höchsten, prachtvollsten, ungewöhnlichsten und somit teuersten gehören allesamt Banken. Was diese für ein Geld machen müssen, ist nicht gerade beruhigend, zumal, wenn es dann in hauptsächlich dem Prestige dienende Gebäude gesteckt wird, welche zum Teil halb leer und mit riesigen Hallen ausgestattet sind.

Beeindruckend ist es aber, wenn man aus dem 72. Stock auf Hongkong blickt, auch wenn man meist schnell wieder vom Wachpersonal verscheucht wird.

Interessant war auch der Vogelmarkt, teilweise jedoch erschreckend, wie viele der buntesten und schönsten Vögel in mickrigen Käfigen unter übelsten Bedingungen gehalten werden. Dazwischen neben Futter, Käfigen und Zubehör auch Lebendfutter von Heuschrecken über Echsen und Mäuse bis hin zu kleinen Kaninchen. Unser Budget wird hier in Hongkong allerdings schwer belastet, so kostet die Unterkunft selbst im Schlafsaal pro Person 20 DM, und auch das Essen ist nicht total günstig, außer man geht zu McDonalds (90 mal in Hongkong), wo ein Big Mac Meal nur DM 3,20 kostet, was wir häufiger wahrgenommen haben. Pizza Hut dagegen hat normale und somit teure Preise, was wir bei Timos Geburtstagsessen zu spüren bekamen, insgesamt 60 DM. Dafür waren wir aber auch richtig satt.

2.3.1995, 20.30 Uhr, Zimmer

Wir haben an Timos Geburtstag außer von Katja noch von sehr vielen Post bekommen: So auch den Teddy, welchen ich Timo zum Geburtstag geschenkt habe mit einem Brief von meinen Eltern. Außerdem einen super Brief und eine Kassette von der Tutgruppe, auf die Kassette hat Frank sogar noch gesungen und etwas dazu gesprochen. Es war total irre, das hier am anderen Ende der Welt zu hören, außerdem ist es für uns immer wieder unvorstellbar, dass zu Hause das Leben einfach so weitergeht, alles so, wie wir es kennen, während wir hier mit Eindrücken von völlig fremden Kulturen über- bzw. zugeschüttet werden.

6.3.1995, 18.30 Uhr, Cairns, Zimmer im Hostel

Wir haben es geschafft! Mit 3 Flügen in 4 verschiedene Städte innerhalb von 3 Tagen haben wir (endlich) Asien verlassen und sind nun in Australien. Für 5 Wochen kein Flug mehr und hoffentlich mehr Erholung als in den 2 ersten Monaten. Seit Hongkong geht es mir aber wieder wesentlich besser, so dass mir die Strapazen der letzten drei Tage nicht allzu schwer fielen. Dort habe ich nämlich nach fast zwei Monaten endlich wieder mit Katja telefoniert, was mir absolut gut getan hat und sogar meine gesundheitlichen Probleme beseitigt hat. Das Gefühl, wieder mit ihr zu sprechen, kann und will ich, glaube ich, auch gar nicht beschreiben. Wahnsinn! Das Gespräch war unheimlich super, und die 70 DM, die es kostete, waren die besten, die ich auf der Reise bis jetzt ausgegeben habe und eine der besten Investitionen für die weitere Reise.

Nachdem Timo sich 30 Minidiscs und beinahe noch einen weiteren Player gekauft hatte, war es echt gut, dass wir Hongkong verließen, ehe Timo völlig dem Kaufrausch verfallen war. Zunächst fuhren wir aber noch mit einer Schweizer Bergbahn auf den Hongkonger Hausberg, von wo aus man einen irren Blick über die gesamten Hochhausburgen der Stadt hatte. Nachts um 12.00 Uhr in Bangkok angekommen, telefonierte ich noch mit meinen Eltern, bevor sie sich mit Maike, Björn, Jens, Tina und Hannelore auf den Weg nach Norwegen machten. Es mag zwar etwas vermessen klingen, aber dort Ski fahren würde ich jetzt auch zu gerne. Aber auf dem Gebiet bin ich ja nun wirklich etwas verrückt.

Das Bemerkenswerteste am folgenden Flug nach Brisbane war das Essen und der Service von Air New Zealand. Eine erstklassige Lassagne, super Nachtisch, warme Brötchen und exzellentes Frühstück, dazu ständig freie Getränke und ein umfangreiches Fernseh-/Videoprogramm. So komfortabel und in solcher Qualität haben wir das bis jetzt noch nicht erlebt. Gut, daß wir von nun an nur noch mit Air New Zealand fliegen.

6.3.1995, 9.00 Uhr, Zimmer

Nach Asien erscheint uns Australien wie ein Wunder, vor allem aber sind die Australier (Aussies) bemerkenswert und die Kultur bzw. Verhaltensunterschiede zu den asiatischen Ländern sind gigantisch, hätte ich so nicht für möglich gehalten, und wir müssen uns erst einmal wieder langsam daran gewöhnen.

Ich habe bis jetzt noch keinen unfreundlichen Australier getroffen, im Gegenteil! Alle, die uns bis jetzt angesprochen haben, waren dermaßen locker und lustig drauf, zudem noch äußerst hilfsbereit, dass wir häufig nur staunen konnten. Die gehen hier alles mit einer Lockerheit, Gemütlichkeit, aber dennoch Geschäftigkeit, Unverklemmtheit und Offenheit an, total faszinierend.

Dass ein Verkäufer einem auch das billigste Messer zeigt, uns dann noch ein älteres, etwas verstaubtes Frühstücksbrett aus dem Keller holt, welches er uns dann zu 1/4 des Preises überlässt, was eins der im Laden angebotenen kostet, und uns schließlich rät, für Teller lieber ein anderes Geschäft aufzusuchen, wo sie besser und billiger sind, habe ich selten erlebt und ist zur Aufdringlichkeit und Unfreundlichkeit der asiatischen Verkäufer ein unfassbarer Gegensatz. Beratung gibt es dort so gut wie nicht, es wird einem ständig etwas aufgedrängt, immer zu überhöhten Preisen, und man wird, sobald man etwas länger anschaut, gnadenlos in Grund und Boden gelabert mit ständig ein und demselben Tenor: Alles "very cheap", du musst echt ein Idiot sein, wenn du hier nicht zuschlägst. Was? Du willst es nicht kaufen? Warum hast du dann so lange geguckt und meine Zeit in Anspruch genommen? Kauf endlich oder verkrümel dich!

So wird es bis auf das "very cheap" nicht gesagt, aber es dringt ständig und überall durch, dazu kommt noch das echt nervige Handeln. Wenn die Australier die Freundlichkeit erfunden haben, haben die Asiaten die Hektik erfunden. Mein Gott, tut es gut, hier zu sein! Nachts durch eine Stadt zu gehen, die nicht genauso laut und geschäftig ist wie am Tage, wo nicht nachts um drei noch leicht ein Stau zustande kommt, wo vielmehr um 10.00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, man sich problemlos auf die Straße setzen kann und wirklich Ruhe herrscht, kam mir im ersten Augenblick fast hinterwäldlerisch, im zweiten jedoch unheimlich erholsam und schön vor und erinnert an zu Hause. Außerdem gibt es hier in der ganzen Stadt kein einziges Hochhaus und nur wenige mit mehr als zwei Stockwerken, dazu viel Grün, Parks und kleine bis größere Grundstücke mit Gärten (in Hongkong war die einzige Rasenfläche, die ich gesehen habe, auf dem Dach eines achtstöckigen Hauses, umrahmt von mehreren bis zu 78 Stockwerken hohen Gebäuden).

Die breiten, fast immer recht leeren Straßen sind so wie alles, bis auf unser Zimmer, welchem zwei Typen, die hier drei Monate lebten, einen eigenen Charakter verpassten, unheimlich sauber. Gegensätze, Gegensätze, Gegensätze.

Und heute bekommen wir unser Auto, gesehen haben wir es schon, es ist wirklich klein (höchstens Ford Fiesta), aber so lange Timo hinters Steuer passt ...! Endlich so etwas wie ein Zuhause für die nächsten 4 Wochen. Das einzig Ärgerliche ist hier im Augenblick, daß man nicht im Meer schwimmen kann, da sich dort tödlich giftige Quallen tummeln, zudem regnet es noch sehr häufig, was aber bei den warmen Temperaturen fast nichts ausmacht. Apropos Temperaturen: nicht nur die Flüge der vergangenen Woche, sondern auch die Temperatur und Wetterunterschiede waren anstrengend. Bangkok (35º C, stickig, Sonnenschein). Hongkong (15º C, bedeckt, Regen), wieder Bangkok. Brisbane (30º C, klarer Himmel, Sonnenschein). Cairns (25º - 35º C, hohe Luftfeuchtigkeit, Wechsel von Sonnenschein zu heftigsten Regenfällen).

Im übrigen gibt es hier unheimlich viele Traveller, die aber nicht wie die meisten in Nepal verbissen von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten und die größten Herausforderungen zu suchen scheinen, sondern vielmehr von Party zu relaxen, zu pendeln scheinen. Gestern Abend waren wir in einer Kneipendisco, in welcher die heftigste Party abging, die ich je erlebt habe, wobei ich nicht bezweifele, dass wir noch wildere hier erleben werden. Ich musste mich erst einmal eine Stunde hinsetzen, um dies verkraften und aufnehmen zu können. Nicht nur, dass Unmengen an Alkohol flossen, dass die Leute auf den Tischen tanzten und es derbe Aussie-Scherze gab mit Wettbewerben wie: Wer sich als erster auf den Tisch stellt und wirklich alle Hüllen fallen lässt, bekommt für 100 $ freie Getränke und ständig Sonderangebote wie 1 $ für Tequila in den nächsten 10 Minuten oder auch Freibier, solange die Krüge reichen.

Das heftigste war aber die Ungezwungenheit, mit welcher die Aussis und Backpacker miteinander umgingen, das stellte alle Exzesse, die ich auf meinen Gruppenreisen gesehen habe, in den Schatten. Die meisten Mädchen wechselten ständig ihren Tanzpartner bzw., sobald sie alleine standen, kam irgendeiner an, der sie äußerst heftig anmachte. Tanzpartner bedeutet in diesem Fall allerdings, dass sie sich nicht nur stark umarmten, die wildesten Hüftschwünge und Verrenkungen vollführten, sondern auch heftigst küssten und streichelten. Mindestens drei Mädchen habe ich den Abend über jeweils mindestens sieben verschiedene Jungen küssen sehen, nur eine, vielleicht zwei haben die Jungen zurückgewiesen, welche aus dem Nichts auftauchten und sie umarmen wollten. So lustig ich die ganze Atmosphäre auch fand, für mich war es nur äußerst schwer mit anzusehen, wie fast alle um mich herum die heftigsten Zärtlichkeiten austauschten und Katja ca. 15.000 km entfernt von mir ist. (Ich hoffe, ich gewöhne mich bald daran, ansonsten werde ich mich wohl lieber von Discos und Kneipen fernhalten müssen, um nicht allzu große Sehnsucht nach Katja zu bekommen.)

18.3.1995, Strand von Noosa, 13.00 Uhr

Nun ist wirklich eine endlos lange Zeit seit meinem letzten Eintrag vergangen, und ich hoffe, ich bekomme noch alles so einigermaßen zusammen. Nach dem letzten Eintrag war ich zunächst 2 Tage damit beschäftigt, die Kassette aufzunehmen, daraufhin verbrachten wir die "freie Zeit", d.h. Zeit, in welcher wir nichts unternommen haben, mit einem absolut witzigen und netten kanadischen Pärchen, und anschließend verbrachten wir zwei Tage im Auto, um hier nach Noosa zu fahren. Ja, und durch dies alles kam ich dann in letzter Zeit nicht mehr so gut zum Schreiben. Nun aber alles ausführlich:

Wir bekamen also zunächst einmal unser Auto - und was für eins! Es war nicht das kleine, welches wir gesehen hatten, sondern ein brandneuer (1 Monat alt) Ford Laser, ich denke, vergleichbar mit einem Ford Sierra in Deutschland. Für zwei Personen, jedoch unglaublich groß, mit 5 Türen, Klimaanlage und Automatik, was beim hier herrschenden Linksverkehr und dem Steuer auf der falschen Seite eine Riesenhilfe ist. Den Motor hört man so gut wie gar nicht und aussehen tut er wie ein Sportwagen, in knallrot, echt irre. Ich denke aber, dass die bei Hertz irgendetwas falsch gemacht haben müssen, da wir eigentlich die kleinste Klasse gemietet haben, aber was soll's! Wenn der Mietwagenhändler zu Timo sagt "that's all yours", warum nicht? Wenn wir jetzt vom Einkaufen wiederkommen, ist es jedenfalls immer sehr einfach, unser Auto zu finden, denn das neueste und bestaussehende ist es dann meist.

Soviel Glück wie beim Auto wir hatten, soviel Pech hatten wir dann aber ein weiteres Mal mit der Post. Zwar sind diesmal die zwei superschönen Briefe von Katja angekommen und auch Post von meiner Oma aus Hollen, dafür haben sie aber unser Paket verschlampt, welches wir mit wichtigen Sachen nach Cairns geschickt hatten. Was bedeutet, wir haben kein Zelt, keinen Kocher und weder ein Australien- noch ein Neuseelandbuch, was wir dagegen haben, sind gigantische Extrakosten. So müssen wir nicht nur mindestens das Doppelte für jede Übernachtung zahlen, sondern müssen noch zusätzlich Essen gehen bzw. von Brot leben, falls wir kein Hostel mit Küche finden, was bis jetzt, Gott sei dank, immer der Fall war. Zudem mussten wir uns ein Buch kaufen und noch fünf Dollar bezahlen, damit sie das Paket, falls es noch ankommt, nach Melbourne weiterleiten, was wir doch stark hoffen, auch wenn unsere bisherigen Posterfahrungen nicht dafür sprechen.

Da wir zunächst noch in Cairns blieben, um noch ein paar Tage auf das Paket zu warten, machte Timo einen zweiten dreitägigen Tauchkurs, diesmal die ganze Zeit auf einem Schiff. Somit war ich das erste Mal seit zwei Monaten wieder längere Zeit ohne Timo, aber nicht allein. Da waren wie gesagt, die Kanadier, mit welchen wir von Beginn an in Cairns in einem Zimmer wohnten. Die beiden, sie wollen im August heiraten, waren 23 und 24 Jahre alt und erzählten unglaublich viel, aber in einer Art, dass wir teilweise Mühe hatten, noch Luft zu bekommen vor Lachen. Sehr viel Zeit verbrachten sie auch damit, sich gegenseitig fertig zu machen oder, wenn nicht dies, über Amerikaner zu lästern. Dagegen sieht jede Comedy Serie ganz alt aus von Roseanne über Alf bis hin zu Waynes World. Hätten wir eine Kamera dabei gehabt, wären wir reich geworden. Sie, Caron, war nicht nur vom Körperbau, sondern auch von der Mimik, Gestik und Komik her das perfekte Double von Hella von Sinnen. Leider kann ich die ganzen Gags hier nicht wiedergeben, aber sie würden auch den Rahmen des Buches sprengen.

Während Timo tauchen ging, hatten diese beiden also angeboten, ein wenig auf mich aufzupassen, nett, nicht?

Am ersten Tag machte ich nicht allzu viel, nahm die Kassette auf, bummelte ein wenig durch die Geschäfte und suchte eine Stelle zum Kopieren des privaten Teils des Tagebuchs, wobei mir abermals von zwei Verkäuferinnen gesagt wurde, dass sie zwar kopieren würden, es an anderer Stelle aber noch günstiger wäre. Lustiges Land. Abends war ich dann noch bei "Pizza Hut", all you can eat für 7 DM, danach war ich dann aber wirklich total satt.

Am nächsten Tag hieß es dann wieder einmal früh aufstehen, und das im Urlaub. Ich fuhr nämlich auf eine Schnorcheltour zum Great Barrier Reef, angeblich eines der acht Weltwunder der Natur, auf jeden Fall jedoch wunderschön. Teilweise schon in 1 m Tiefe entfaltet sich eine Vielfalt von buntesten Korallen und Fischen, dazwischen riesige Muscheln mit ca 1 m Durchmesser. Immer wieder Schluchten und Abhänge, an welchen es sehr tief hinabgeht. Hier tummeln sich dann auch größere Fische, so daß ich beim ersten Hinabtauchen auch das Erlebnis hatte, einem kleinen (1,50 m), angeblich ungefährlichen Hai in die Augen zu blicken, nachdem er plötzlich um die Ecke gebogen kam. Vor allem die Korallen und vielleicht auch die Fische waren jedenfalls noch einmal vielfältiger und bunter als in Thailand und als ich sie mir je vorgestellt hätte. Nach zwei sehr langen Schnorchelgängen und einem Mittagessen ging es dann mit einem weiteren Highlight abends wieder zurück: Boom Neting.

Hinter dem Boot wird ein großes Netz ins Wasser gelassen, wie man vom Spielplatz die großen Kletternetze kennt. Dann können sich alle, die Lust haben, hineinsetzen, festhalten und los geht's! Hineinsetzen ist eigentlich falsch, man hängt nur noch krampfhaft am Netz, versucht sich festzuhalten und nicht allzu viel Wasser zu schlucken, während das Boot los brettert. Angehalten wird erst wieder, wenn genug Leute sich nicht mehr halten können und somit das hinterherfahrende Rettungsboot, welches sie wieder einsammelt, voll ist. Ich habe mich aber gehalten, yeah!

19.3.1995, Strand von Noosa

Am nächsten Tag fuhr ich mit unserem Auto und den Kanadiern zu den Crystal Caskades, ein paar mittelgroßen Wasserfällen mitten im tropischen Regenwald, unter welchen man phantastisch schwimmen konnte. Dabei habe ich dann einmal mehr das Problem, welches ich in Australien noch häufiger haben werde: die immer wieder verschiedenartig beeindruckende Natur kann man einfach nicht beschreiben, und selbst Fotos dürften diese kaum wiedergeben, ebenso wenig die Stimmung, die von ihr ausgeht und sich ständig verändert.

Die Sonne, die durch die tropischen Bäume in eine kleine Schlucht fällt und sich immer unterschiedlich im Wasserfall, dem kleinen Auffangbecken und den Dunstschwaden des von den Steinen spritzenden Wassers bricht und spiegelt, schafft eine eigene Atmosphäre. Ebenso wie der nicht enden wollende Regen den nächsten Tag, als wir mit den Kanadiern weiter nördlich nach Port Douglas und schließlich Daintree fuhren mitten in den tropischen Regenwald, und wie es sich für diesen gehörte, goss es wie aus Eimern. Drei Tage regnete es ununterbrochen, immer unterschiedlich stark, meistens jedoch heftiger als ich es je erlebt habe. Wenn man teilweise nur noch zehn Meter gucken kann und nur einmal über den kleinen Zwischenhof zu gehen braucht und klitschnass ist, war dies dort nichts Besonderes.

Allerdings war es für diese Region wohl schon ungewöhnlich, als wir nämlich wieder nach Cairns fuhren, lasen wir in der Zeitung, dass teilweise die Straßen geschlossen und die Rettungseinheiten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt wurden, da große Teile dieses Gebiets unter Wasser standen und überschwemmt wurden. So sind wir fast die letzten gewesen, die die Straße noch passieren konnten. Am Tag zuvor, als wir nach Daintree gefahren sind, hatten wir schon einen Eindruck davon bekommen. Die Wege und der Garten um ein Haus, in welchem wir eine Bootstour auf dem Daintree-River buchten, waren allesamt 10 - 40 cm unter Wasser gesetzt, und die Straße zum Ort konnte man auch nur in dieser Zeit passieren, da gerade Ebbe war und sie am Vortag bei Flut bis zu 2 m unter Wasser stand.

Ach ja, die Straße! Wie gesagt, auf dem Rückweg nach Cairns hatten wir Glück, sie überhaupt noch passieren zu können, was wir uns hinterher auch gut vorstellen konnten. So mussten wir mehrfach einen großen Bogen um heruntergefallene Äste oder Gesteinsbrocken machen, einmal anhalten, da direkt vor uns medizinballgroße Felsbrocken auf die Straße kullerten, teilweise Wasserfälle, die auf der Straße endeten, umkurven und einmal einen kleinen Fluss, ca. 30 cm tief, durchqueren, welcher sich einen Weg über die Straße bahnte. Der Knüller war jedoch, dass wir mitten im strömenden Regen den ersten Reifen wechseln durften, da er mit lautem Geklapper und Geholpere deutlich platt geworden war. Bei einem nagelneuen Auto eigentlich sehr merkwürdig, aber wahrscheinlich war er einem der Schlaglöcher oder Steinchen nicht gewachsen. Die bei Hertz haben ihn jedenfalls einfach geflickt und uns als Ersatzreifen wieder mitgegeben, auch sehr merkwürdig.

21.3.1995, vor dem Hostel im Maroodrydore

Wieder in Cairns angekommen, beschlossen wir, so schnell wie möglich nach Süden in die Sonne zu fahren. Also machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Noosa zur Sunshinecoast. Insgesamt eine Strecke von 2000 km, wobei wir einen kleinen Umweg durchs Outback machten. So fuhren wir zwei Tage und eine Nacht hindurch, wobei wir nach dem ersten Tag eine Nacht in Charters Towers verbrachten und somit dann nach zwei Tagen rechtzeitig zum Sonnenaufgang in Noosa am Strand ankamen.

In Deutschland wäre diese Strecke wahrscheinlich langweilig gewesen, hier jedoch war es wirklich ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Vor allem am ersten Tag durchs Outback. Teilweise haben wir fast eine Stunde lang kein Auto gesehen, kamen an Schildern vorbei, die den nächsten Ort in der einen Richtung als 160 km und in der anderen 200 km entfernt auswiesen, dazwischen nichts außer Natur. Die ganze Zeit über schnurgerade Straßen fast bis zum Horizont, nur leichte Hügel und links und rechts mal dichter Wald, mal Steppe. Wenn man dort aussteigt in der Stille, unterbrochen von Vogelgezwitscher und Heuschrecken, vor einem eine scheinbar endlose einspurige Straße, die sich wie eine Trasse durch den Wald zieht, das hat schon etwas ganz Besonderes, was viele vielleicht als Freiheit beschreiben würden.

Auf dieser Strecke sahen wir dann auch unsere ersten Kängurus; zunächst haufenweise plattgefahrene, dann, als wir anhalten mussten, um einen Geier, welcher gerade eins von diesen vertilgte, nicht zu gefährden, sahen wir etwas weiter auf der Straße zwei Kängurus sitzen, die dann allerdings davonsprangen, als wir uns ihnen langsam näherten. So langsam wurde es nun jedoch dunkel und somit richtig abenteuerlich, Da wir vor unserem "Sportwagen" ja nun keinen Cowcatcher (große Metallverstrebungen vor der Kühlerhaube, welche für Zusammenstöße mit Kühen und Kängurus als zusätzliche Stoßstange dienen) hatten, wie die meisten anderen Autos, mussten wir höllisch aufpassen. So hatten wir alle Hände voll zu tun, die Kuhherden zu erspähen, welche in aller Ruhe die Straße überquerten, die toten Kängurus, welche als Berg auf der Straße lagen, zu umkurven und zu hoffen, daß uns keines vors Auto hüpfte. Daher unterbrachen wir die Fahrt dann auch in Charters Towers, einer kleinen Stadt im Outback, so gegen 10.00 Uhr und übernachteten in einem urigen Backpackers-Ressort.

Am nächsten Tag ging es dann noch eine kurze Strecke durchs Outback und dann immer die Küste entlang auf dem Bruce Highway, welchen ich mir als Autobahn vorgestellt hatte, da er immerhin die einzige Nord-Süd-Verbindung ist, war aber nur eine immerhin zweispurige Straße (eine in jede Richtung) im Gegensatz zum Outback, wo es wirklich nur eine Spur mit links und rechts etwas Schotter gab. So musste man jedenfalls nicht mehr jedes Mal fast anhalten, wenn ein Auto entgegenkam, da ansonsten ein Steinhagel vom entgegenkommenden Auto üble Folgen für Lack und Windschutzscheibe gehabt hätte. Wir fuhren und fuhren, also immer auf schnurgeraden Straßen entlang, nur hin und wieder einmal durch kleinere Orte, und diesmal fast ständig endlose weite Felder bzw. Wiesen, nur von wenigen bizarren Felsgebilden und kleinen Bergen unterbrochen und vom Himmel abgegrenzt.

Ich nutzte die Zeit, in welcher Timo fuhr, um einen Brief an meine Eltern zu schreiben und hin und wieder die Landschaft zu genießen. Als es abermals dunkel wurde, schlief immer einer, und der andere versuchte, sich so gut es ging, hinter einen die Straße entlangdonnernden Laster zu hängen, damit dessen Cowcatcher die Straße frei räumte. Timo hatte nämlich einmal das unangenehme Erlebnis, dass ihm tatsächlich selbst auf dieser Straße ein Känguru direkt vor dem Auto über die Straße hüpfte. Der Cowcatcher vor dem Laster verhinderte jedoch nicht, daß ich einmal ein totes Känguru direkt erwischte, was einen gewaltigen Rums gab und insgesamt auch nicht so lecker ist. Das Auto hat es aber überlebt.

In Noosa übernachteten wir zunächst zwei Tage in einem schönen Hostel mit eigener Küche für uns und legten uns an den traumhaften Strand in die Sonne zum Entspannen. Hier hatten wir nun abermals einen riesigen Sandstrand mit Wahnsinnswellen, alles in allem den Stränden an der französischen Atlantikküste sehr ähnlich, zeitweise für uns alleine. Dazu wieder sehr viel Sonne und tropische Vegetation. Doch dann machten wir einen kleinen Kassensturz für die Zeit in Australien, kamen auf gigantische Ausgaben und beschlossen, radikal zu sparen. So kauften wir nicht nur nur noch das Nötigste und vor allem Billigmarken (Savings lebe hoch - die Brause kostet zwar nur die Hälfte, ist aber 100%ig Sprite), sondern schliefen bis jetzt eine Nacht am Strand und eine im Auto. Dafür ist aber nicht nur das Wetter hier ideal, sondern vor allem die öffentlichen Einrichtungen mit kleinen, absolut sauberen Häuschen am Strand mit Duschen und Toiletten. Außerdem ist bei Vollmond am Strand zu schlafen, mit Meeresrauschen und dem Schimmern des Mondes in der Brandung, einfach genial. Katja, wo bist du?

Am zweiten Tag gab es sogar ein warmes Abendessen, da wir eine Grillanlage entdeckten und somit absolut super aßen (Fleisch, super Salat, gebackene Kartoffeln und sogar überbackene Banane mit Honig). Nachdem wir gestern noch durch den Nationalpark von Noosa gewandert sind, sogar zwei freilebende Koalas und zwei Riesenechsen (1 m - 1,50 m groß) gesehen haben, fuhren wir nun hierher nach Maroodrydore, da Timo wieder etwas mehr Trubel und Beachlife haben wollte, ob wir da nun hier richtig sind, wird sich zeigen.

Bei Trubel fällt mir ein, dass die etwas weiter vorn geschilderte Discoszene wohl doch eher die Ausnahme zu sein scheint - zu meiner Beruhigung und Timos Bedauern, da wir noch zwei weitere Diskotheken aufsuchten und es dort nun doch wieder gemäßigter zuging. Was aber geblieben ist, ist der Eindruck, daß sie wie alle Australier absolut locker und freundlich drauf sind, auch wenn dies zuweilen merkwürdige Blüten treibt.

Das Hostel, wo wir nun die letzte Nacht verbracht haben, ist noch eine Erwähnung wert, da es eher einem Irrenhaus oder Geisterhaus ähnelt. So wurden wir zunächst allen zum Teil sehr merkwürdigen Bewohnern dieses Hauses per Handschlag von der witzigen, rührigen, aber auch etwas abgespaceten Besitzerin vorgestellt. Da wäre zunächst einmal die "Band in progress", welche eindeutig noch am Üben ist, "grausige Musik", dann eine sehr redefreudige Miriam mit einem sehr entrückten Lachen, welche was von einer Deutschen erzählte, die auch in diesem Hostel gewohnt hat und sie mit Messern beworfen haben soll, dann haben wir noch einen geheimnisvollen Helfer im Haus, der ständig "How are you doing?" fragt, seine Zigarette im Toaster anzündet, nur sehr langsam durch die Gegend schleicht und absolut high und stoned aussieht, irrer Blick. Ach ja, der Typ mit Heimweh, welcher ständig mit seinem Essen redet und auch sonst viel erzählt, ist mir auch nicht ganz geheuer. Dann ist dort noch ein älterer, sehr dicker und schleimiger Herr, welcher vermutlich irgendetwas mit Sekten zu tun hat, da er das Buch der Zeugen Jehovas liest, und auch Dianetik der Scientology Church lag im Aufenthaltsraum. Dazu ein altes, verwinkeltes Haus, meist etwas dunkel, mit einem angeblich verrückten Hund und vor allem viel, viel Atmosphäre, echt spannend. Heute schlafen wir wieder im Auto.

23.3.1995, öffentlicher Park in Maroodrydore

Gestern habe ich in einem Brief an meine Oma und Opa in Hollen deren Bedenken wegen des Essens hier zerstreut, und in der Tat haben unsere Essensvorräte mittlerweile fast den Rahmen dessen gesprengt, was wir sonst zu Hause haben. Die gesamte hintere Sitzbank des Autos ist knallvoll mit Lebensmitteln und unserer Kühlbox. Nachdem wir uns gestern Hamburger auf dem öffentlichen und kostenlosen elektrischen Grill hier gemacht hatten, übrigens eine absolut geniale Einrichtung, so brauchen wir zum Kochen nicht mehr als ein wenig Alufolie, waren wir im Besitz folgender Lebensmittel:

Hamburger Klopse, Hamburger Brötchen, Ketchup, Barbecue-Soße, Mayonnaise, Thousand Island Salatdressing, Tomaten, Zwiebeln, Paprika-Salat, Gurken, Hartkäse, Schmierkäse, Salami, Senf, Bananen, Joghurt (1 kg Pot). Dazu fürs Frühstück: 2 Sorten Brot, Butter, Cornflakes, Tropic Müsli, Zucker, Ahornsirup, Honig, Nutella, 2 Sorten Marmelade, Milch, mehrere Liter Limonade, Orangensaft, Eier. Dazu Reste von: Nudeln, Tomatensoße, Reis, Mehl. Dann nützliche Dinge wie: 2 Sätze Besteck, 1 scharfes kleines, 1 scharfes großes Messer, 2 Teller, 2 Tassen, 1 Schneidebrett, Alufolie, Kühlbox (riesig), Spülmittel, Schwamm, 3 Kühlaggregate. Hin und wieder kommen dann noch: Kiwis, Ananas u.a. dazu.

Ich bin mal gespannt, ob wir dies alles bis zur Abfahrt nach Neuseeland etwas reduziert haben, sonst haben wir wohl ein etwas größeres Transportproblem. Schlecht geht es uns jedenfalls wirklich nicht, was man auch am Speiseplan der letzten Woche sehen kann:

Spaghetti mit Tomatensoße

Kartoffeln mit Senfsoße und Eiern

Carilla (siehe vorn)

Nudeln mit Ei überbacken

Reis-, Paprika-, Zucchini-, Zwiebel-, Hack-Pfanne

selbstgemachte Hamburger

 

7.4.1995, 14.00 Uhr, Melbourne

21 Tage, nachdem wir in Cairns losgefahren sind, kamen wir nach 5475 km in Melbourne an und mussten nun leider unser Auto wieder zurückgeben. So sind wir mitten in den Herbst hineingefahren. Wenn man das Wetter und die Temperaturen draußen betrachtet, könnte man meinen, wir wären in Hamburg, und haben beschlossen, Hawaii radikal auf Kosten Neuseelands auszubauen, wo es ebenfalls äußerst ungemütlich sein soll. Gestern waren wir also bei Air New Zealand und haben den Flug von Auckland nach Honolulu auf den 18.4. vorverlegt, wodurch wir fast genau drei Wochen auf Hawaii verbringen können.

Nun aber zu den letzten zwei Wochen, in welchen ich nichts mehr aufgeschrieben habe, da wir zum einen fast immer mit dem Auto unterwegs oder am Strand waren, zum anderen das, was Australien ausmacht, nämlich die Natur, nicht oder nur sehr schlecht zu beschreiben ist. Somit werde ich mich jetzt auf die Ereignisse beschränken, die aber nicht das wesentliche waren. Das beste waren immer die Plätze, die man einfach auf sich wirken lassen musste, an welchen wir manches Mal gefrühstückt und zu Abend gegessen haben und einfach die Ruhe und Atmosphäre genießen konnten. Die Wochen waren sowieso viel von Ruhe und Gemütlichkeit geprägt, da wir häufig außer Essen und Einkaufen nicht viel gemacht haben. Strand, Sonne, Wasser und Autofahren. Wobei das Autofahren einen völlig eigenen Charakter hatte, da man höchstens 100-110 km/h fahren darf, auf meist recht leeren Straßen, die entweder absolut entspannend gerade oder richtig spaßig kurvig sind. Dass wir insgesamt 5 mal Deutschland von Norden nach Süden durchquert haben oder von Riga bis Athen hätten fahren können, ist uns nun wirklich überhaupt nicht aufgefallen.

Wir blieben zunächst noch drei Tage in Maroodrydore, diesmal im Auto, und nutzten die hervorragenden öffentlichen Einrichtungen. Einen dieser Tage verbrachten wir in einem Nationalpark im Hinterland, welcher einen gewaltig hohen Wasserfall beherbergte, unter welchem man phantastisch schwimmen konnte (vielmehr in einem Becken im oberen Teil), und welcher nun wirklich so war, wie man sich einen tropischen Regenwald immer vorstellt mit Massen an Schlangen und auch sonst einigen merkwürdigen Viechern, richtig etwas unheimlich.

In Brisbane konnten wir dann Bergfest/Halbzeit feiern, wieder einmal bei Pizza Hut. Ansonsten hatte Brisbane außer einem eindrucksvollen Einkaufszentrum, in welchem im oberen Teil ein kleiner Freizeitpark mit Achterbahn integriert war, nicht allzu viel zu bieten. In den zwei Tagen, welche wir dort verbrachten, schien es eine sehr normale Großstadt zu sein, allerdings mit einem phantastischen Klima.

Da war Surfers-Paradise schon ungewöhnlicher, dieser Hauptort der Gold-Coast war uns ja schon als Touristenhochburg beschrieben worden, doch solche Hochhausburgen, und sie waren wirklich hoch, hatten wir dann doch nicht erwartet. Unzählige dieser gigantischen Hotels säumten die ganze Küste. Da wir auch noch einen der wenigen Regentage erwischten - bei 300 Sonnentagen im Jahr schon etwas Pech - blieb es uns doch ein Rätsel, was große Mengen von Japanern hierher zieht. Die Strände waren komischerweise dennoch sehr leer, selbst bei Sonnenschein, was in Japan laut Zeitungsausschnitt etwas anders aussehen soll. (An 15 km Strand an einem Tag 100.000 Japaner am Strand und nochmals 30.000 im Wasser, so dass einmal 26 Menschen an einem Tag ertrunken sind.) Dagegen dürfte es selbst in Surfers Paradise geradezu paradiesisch leer sein.

Bei Japanern fällt mir noch etwas Bemerkenswertes ein: Es erscheint uns nun schon fast unheimlich, dass wir bis jetzt überall Deutsche getroffen haben, an den unglaublichsten Stellen von Janakpur, Gorepani, Pokara über Unmengen auf Phi Phi bis hin zum Regenwald (mittendrin), in Noosa und auch sonst überall in Australien. Die Japaner sind jedoch wirklich ein Phänomen, sie sind nicht nur überall, wo ein Bus hinfährt und es etwas zu sehen gibt, doch dann immer in Gruppen zu mindestens 20. Wo man auch hinfährt, man kann sich sicher sein, dass mindestens eine Gruppe von ihnen schon da ist. Wir haben es dann mittlerweile aufgegeben, darauf zu achten, dass wir ja durch kein Foto laufen. Fast unmöglich, zumal man manchmal als anderer Tourist auch plötzlich zum fotografierenswerten Objekt wird. So viele Japaner kann es eigentlich gar nicht geben. Aber auch bei anderen Nationalitäten, außer Deutschen und Japanern, hat man häufig das Gefühl, das Land müsste eigentlich leer sein. So gibt es außer diesen Holländer, Engländer, Neuseeländer, Dänen, Kanadier und Australier (komisch, im Land befinden sich auch noch recht viele, insgesamt aber nur 16 Millionen), noch ein paar Amerikaner (verhältnismäßig wenig) und Israelis, sonst höchstens vereinzelte Exoten wie Spanier, Franzosen ...

Nach Surfers Paradise fuhren wir zwei Tage lang jeweils nachmittags bis in die Nacht hinein und verbrachten die Tage am Strand an völlig einsamen Plätzen. Dann waren wir in Sydney. Als wir in Sydney über einen kleinen Hügel kamen und plötzlich die gesamte Hafenkulisse vor uns lag, waren wir dermaßen überwältigt, dass wir prompt die falsche Abfahrt erwischten und uns ziemlich verfuhren. Die Kulisse mit Hochhäusern, einem extravaganten Fernsehturm der Sydney Harbour-Bridge und dem Opernhouse ist einfach einmalig, und selbst Hongkong fand ich nicht beeindruckender. Als wir am dritten Tag dann abends eine Fährfahrt machten, erlebten wir dann eines der schönsten Schauspiele, die es auf dieser Welt gibt, fast unglaublich. Während wir uns auf dem Schiff langsam entfernten, ging direkt hinter der Harbour-Bridge (einer gigantischen Brückenkonstruktion) die Sonne unter, tauchte die gesamte Kulisse in phantastische Rottöne, spiegelte sich in den Wellen des Flusses und beleuchtete die Wolkendecke in einer Art und Weise, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte, und wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, auch auf einem Foto für kitschig retuschiert halten würde. Wahnsinn! Ich hoffe, die Fotos sind etwas geworden. Die ganze Atmosphäre Sydneys wurde noch durch Superstrände (diesmal wirklich voll) abgerundet, die direkt im Stadtteil unseres Hostels lagen, zusammen mit gutem Wetter eine Superstadt.

Ach ja, Hostels! Das, welches wir uns zunächst ausgesucht hatten, verließen wir nach zwei Tagen sehr schnell, da nicht nur fast alles Schrott war (das Bad war ein Erlebnis), Timo im Bett eingebrochen ist und die Küche vor Kakerlaken und Dreck nur so wimmelte, sondern auch noch eine Dänin, welche wir dort trafen, sich in diesem Loch die Krätze eingefangen hatte, dies alles zu einem für Australien hohen Preis von 15 DM, absolutely disgusting (um es mit Carens Worten zu sagen/absolut ekelerregend).

Interessant war auch das Nachtleben Sydneys. Am ersten Abend waren wir in einer Barkneipen-Disco, die sich nicht nur durch gute Musik (endlich wieder tanzen) auszeichnete, sondern vor allem durch ein eigentümlich gemischtes Publikum. So fanden sich dort nicht nur Yuppies mit Anzug, Schlips und sogar Aktenkoffer, sondern auch Typen mit Wollmütze und Mädchen im über und über mit Goldplättchen besetztem Stretchanzug oder im weißen Hochzeitskleid mit großem Stützring, aber auch die Grufties (völlig in Schwarz mit Trauerlook) waren vertreten, echt abgespaced.

Um so mehr wunderte es uns dann am nächsten Tag, als wir eine größere richtige Disco aufsuchen wollten, dass sie uns aufgrund von Turnschuhen und, hat man so etwas schon gehört, fehlendem Kragen, nicht reinließen. (Ja, der Kragen am Polohemd ist gemeint, ich wusste zunächst gar nicht, wovon die Rede war.) Als uns dies noch bei einer anderen passierte, waren wir doch reichlich verärgert und frustriert.

Eine andere Enttäuschung war die Besichtigung des Sydney-Opernhauses. Dieses von außen absolut außergewöhnliche und wie ich finde, sehr gelungene Gebäude, sieht von innen schlimmer aus als jedes Bahnhofsklo. Absolut unfassbar, wie man ein solches Gebäude mit der Innenarchitektur und Gestaltung dermaßen verhunzen kann. Ist es von außen eines der schönsten und harmonischsten Gebäude, die ich kenne, so ist es von innen eines der schrecklichsten. Stinknormale Steinplatten auf dem Boden, grausige Holzverkleidung, miserable Beleuchtung und weiße Plastiksitze sind nur Stichworte, am ehesten mit der Atmosphäre eines Parkhauses zu vergleichen. Entsetzlich!

Auf dem Weg von Sydney nach Melbourne machten wir noch einen Abstecher nach Canberra, der Hauptstadt Australiens und wahrlich ein Kapitel für sich. Nicht nur, daß sie etwa in der Mitte zwischen den beiden rivalisierenden Städten Melbourne und Sydney quasi aus dem Boden gestampft wurde und kreisförmig um das Parlamentsgebäude gebaut wurde, sondern auch das Parlamentsgebäude ist einzigartig. Beschreiben kann man dies eigentlich nicht, aber hier gehen das Äußere und das Innere sehr harmonisch ineinander über, alles in allem sehr gelungen und 100%ig repräsentativ, wenn auch vielleicht etwas zu protzig. Damit haben die Aussies aber auch sonst kein Problem. Aus ihrem Stolz auf Australien machen sie aber auch wirklich kein Hehl. So steht auf jedem Produkt "Australian made", "Australian owned" und "produced in Australia".

Auf dem letzten Abschnitt der Fahrt von Canberra nach Melbourne, wieder in die Nacht hinein, hatten wir dann noch ein Erlebnis der ganz besonderen Art: Nachdem wie immer mehrere Schilder vor Kängurus gewarnt hatten, lag plötzlich ein riesiges Exemplar direkt vor uns auf der Straße. Dieses Känguru war mindestens dreimal größer als die anderen, welche wir plattgefahren auf den Straßen gesehen hatten, und vor allem war es zwar tot, aber kein bisschen platt. Dieses wirklich mannshohe Exemplar hätte uns garantiert sehr abrupt gestoppt, falls wir es übersehen hätten, und was passiert wäre, wenn es uns statt einem Laster vors Auto gehüpft wäre, malten wir uns lieber nicht weiter aus. Aber jedenfalls hatten wir ein Känguru von ganz nah sehr genau betrachten können, und was für eins! Doch es sollte noch besser kommen. Als wir nun noch langsamer und vorsichtiger fuhren, sahen wir sie nach und nach.

Hello from Liz in Florida Lodge. (ein Eintrag mit fremder Handschrift)

Keine Ahnung, warum sie dies jetzt hier hineingeschrieben hat. Sie hatte das Buch gerade gesehen, als ich auf die Toilette ging. Fragte dann, was es wäre und etwas, was ich nicht recht verstand, woraufhin dies entstand. Ansonsten weiß ich gerade noch, dass sie Engländerin ist, hier arbeitet und im gleichen Apartment wohnt.

Ständig saßen sie am Straßenrand oder sprangen davon, zeitweise sahen wir alle 50 m eines oder mehrere dort sitzen. Als wir dann begannen, mit dem Fotoapparat Jagd auf sie zu machen, sprang eines eine Strecke von mehreren 100 Metern immer direkt vor unserem Auto her und bog dann in den Wald ab. Als ich zwischendurch auf den Tacho schaute, fuhren wir 40 km/h, und ich musste noch Gas geben, um es nicht zu verlieren. Unfassbar und eine sehr eindrucksvolle Szene. Zum guten Schluss hatte Timo dann noch das Vergnügen, einem Känguru aus 50 cm Entfernung direkt in die Augen zu blicken, da sich dieses nun zunächst kein bisschen von unserem Auto erschrecken ließ und somit direkt neben der Beifahrertür stand und vermutlich ebenso erstaunt war wie Timo. Im übrigen schien es Kängurus nicht nur in Massen, sondern auch in allen Größen zu geben: von 50 cm bis zu 1,50 m, das war nun wirklich Australien.

Melbourne ist nun nicht nur verregnet und kalt, sondern auch äußerst langweilig. Das beste war hier bis jetzt das Postoffice. Natürlich kein Paket, dafür aber ein Brief von Oma und Opa aus Leverkusen, ein Brief von meinen Eltern und ein Wahnsinnspaket von allen aus Norwegen, echt der Hammer mit Collagen, Rätseln und Briefen. Super! Aber gegen die zwei Kassetten und den Brief von Katja musste natürlich selbst dies zurückstehen, endlich kann ich sie wieder jeden Tag hören, dazu noch schöne, vielmehr traumhafte Musik, und habe die Aussicht, mit ihr in Schweden kuscheln zu können. Gibt es noch etwas Schöneres?

(Hier ist ein Riesenloch im Tagebuch - HAWAII fehlt völlig)

12.5.1995, 22.30 Uhr, San Francisco

Ich dachte in letzter Zeit häufiger, dass kaum noch etwas wirklich Neues und Aufregendes passieren könnte nach all den Erlebnissen, die wir schon hinter uns haben. Das war aber wahrscheinlich nur eine Hoffnung, da ich mich schon so teilweise mit dem Erlebten überfordert fühlte und hoffte, dass nicht noch mehr dazu kommt. Es ist zwar jetzt nicht mehr das Ereignisbombardement der ersten zwei Monate, aber dennoch ist jede Woche mindestens einmal etwas passiert, was ich in meinen kühnsten oder übelsten Träumen nicht für möglich gehalten hatte. Da heute nun gleich zwei Dinge zusammentrafen und ich nur mühsam damit fertig werde, muss ich dies unbedingt einmal wieder aufschreiben.

Es gibt hier unglaublich viele Bettler, die einen meist auch sehr direkt ansprechen und zum Teil sehr hartnäckig sind. Ich weiß immer noch nicht, wie ich damit umgehen soll. Wir hatten uns in Nepal ja schon eine ziemlich harte Schale angewöhnt, aber berühren tut es mich trotzdem jedes Mal wieder. An wie vielen Menschen wir während dieser Reise schon vorbeigegangen sind, Menschen, die dringend Hilfe nötig gehabt hätten. Menschen, die immer noch im Elend sitzen/leben oder vielleicht schon gestorben sind, will ich gar nicht wissen. Gerade diese riesige Anzahl ist ja auch das Hauptproblem, man weiß nie, wem man zuerst helfen sollte, allen geht sowieso nicht, und dann lässt man es am besten ganz. Wir sind jedes Mal weitergereist, ich freue mich mittlerweile auf zu Hause und Katja, liege in einem schönen Hostel, und sie alle sind dort geblieben, kaum eine Chance auf Besserung. Die meisten Gesichter habe ich schon wieder vergessen, viele auch nur verdrängt, einige werde ich vielleicht nie vergessen können, auf jeden Fall dürfte ich sie eigentlich nie vergessen, um mir immer wieder deutlich zu machen, wie gut es mir geht.

Ich war ja auch schon vor der Reise mit Katja unheimlich glücklich, und es ging mir so lange ich mich erinnern kann, eigentlich nie wesentlich besser als in dieser Zeit. Aber falls es mit Katja so weitergeht, wie ich es mir für die Zeit nach der Reise wünsche, bin ich, glaube ich, einer der glücklichsten Menschen auf diesem Planeten. Das ist, glaube ich, das, was ich von dieser Reise mitbringe und was ich auch all den Menschen, die ich getroffen habe und welchen es häufig wesentlich schlechter ging, schuldig bin. Mir ist jedenfalls nicht einer auf dieser Reise und somit auf der ganzen Welt begegnet, mit dem ich tauschen möchte. Viel besser kann es einem Menschen glaube ich nicht gehen. Natürlich macht Katja einen Riesenteil dieses Gefühls aus, aber auch ganz objektiv, was will man noch mehr? Wozu sollte man z.B. reich sein? Mir fällt im Moment nur ein Grund ein, und zwar, um all den Menschen helfen zu können, von denen am Anfang die Rede war.

Womit ich wieder beim eigentlichen Grund dieses Textes wäre. Wir waren (oder wollten vielmehr) heute richtig shoppen gehen, doch abgesehen davon, dass wir wenig gefunden haben, hätte ich heute, glaube ich, auch nur noch sehr schlecht etwas kaufen können, selbst wenn ich es am Ende vielleicht doch getan hätte.

Saß doch mitten auf der Einkaufsstraße plötzlich sie! Sie war/ist etwa in meinem Alter, dunkelhaarig, ordentlich gekleidet, eindeutig gutaussehend und hat dunkle Augen, die mich ähnlich intensiv anschauten wie Katja, wahrscheinlich Einbildung, auf jeden Fall habe ich mich an Katja erinnert gefühlt, da sie mir auch direkt in die Augen schaute. Doch war sie weder ein normales, gutaussehendes Mädchen, noch war sie auf irgendeinem glamourösen Werbeplakat abgebildet, was durchaus möglich gewesen wäre (aussehensmäßig), sondern saß am Randes des Gehweges und bettelte mich um Geld an. Ich war wirklich absolut geschockt, ich ging einfach weiter, wandelte wie benommen durch einen Traum an ihr vorbei die Straße weiter und würgte mir noch mühsam ein "sorry" heraus, dann war mir richtig schlecht.

Dieses Mädchen war mir viel näher als alle anderen Bettler, die ich jemals gesehen habe. Es hätte genauso gut eine meiner Freundinnen sein können. Wie Timo sagte: wenn man sie in der Disco getroffen hätte, würde man versuchen, sie anzusprechen, und so?

(Hier endet das Tagebuch!  Zahlreiche Erlebnisse aus New Sealand, Hawaii, sowie Los Angeles und San Fransisco sind Timo und mir zwar immer noch in Erinnerung, aber hier lassen wir lieber die Fotos sprechen)

Einen ganz besonderen Dank möchte ich hier aber noch an
Hannelore loswerden, die das ganze handschriftliche Tagebuch abgetippt hat und dabei wie jeder der meine Schrift mal gesehen hat bestätigen wird eine unglaubliche Leistung vollbracht hat.

Danke auch noch an alle die mich während dieser Reise unterstützt und sie z.T. erst ermöglicht haben, insbesondere an meine Eltern, meine Schwester, Timo und Katja.

 

 

Aktualisierungsdatum: 27.03.03
Bearbeitet von Christian Wetjen

 


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